Nat Cartier's Ziel ist die Welt

In der schottischen Musikszene ist sein Name bekannt: Nathaniel Cartier aus Zug hat seine erste Tournee im Ausland hinter sich. Die gesammelte Energie will der 23-jährige Musiker für das Kulturleben in seiner Heimat einsetzen.

Er ist jung, begabt, voller Tatendrang, und er hat ein Ziel: von der Musik leben zu können. Das ist ambitioniert. Aber Nathaniel Cartier bringt die Voraussetzungen mit, die ihm diesen Weg ebnen könnten; er hat das erforderliche Talent und ist bestens vernetzt. Der in Frankreich geborene Instrumentalist, Komponist und Songwriter ist 2011 mit seinen britischen und amerikanischen Eltern nach Zug gezogen und hat sich vollständig integriert. Vor vier Jahren hat er seine Heimat für absehbare Zeit verlassen, um in Schottland an der Edinburgh University Akustik and Musik-Technologie zu studieren.

In der Fremde hat der mittlerweile 23-Jährige als aktiver Musiker Fuss gefasst, sich zumindest in Schottland einen Namen gemacht mit Vernetzungsprojekten und Konzerten – hatte einmal sogar die Gelegenheit, Princess Anne persönlich zu treffen. Sein Musikstil ist breit gefächert, lässt sich schwerlich schubladisieren, «Neo - good vibes and organic music» sind beschreibende Worte von Cartier selbst. Sein jüngstes, kürzlich abgeschlossenes Unterfangen, das ihn nach eigenen Aussagen einen grossen Schritt in der persönlichen Entwicklung weitergebracht hat, war eine zweiwöchige Konzerttour durch Schottland. Die erste Hälfte hauptsächlich als Solomusiker, die zweite gemeinsam mit seiner Band.

Ein «Produkt der Zuger Kulturförderung»

Energetisch hat ihm die Tournee alles abverlangt, wie er sagt. Er habe das Tourenauto – das «Natmobile» – vom Anfang bis zum Schluss selber gefahren, sämtliche Auftritte eigenhändig organisiert. «Und wenn man dann auf der Bühne jeden Abend alles gibt, das braucht schon ganz viel Kraft.»

Diese «Scottish Odyssey Tour», wie die Auftrittsreihe offiziell hiess, war schlicht der «hammermässig», sagt der Zuger rückblickend und schwärmt. «Es gehört zum Schönsten überhaupt, wenn man seine Musik mit Menschen teilen kann.» Für die Tournee ist Cartier von Stadt und Kanton Zug unterstützt worden. «Anders hätte ich sie gar nicht erst starten können», sagt er und lobt dankend die Hilfsbereitschaft der betreffenden Stellen in seiner Heimat. «Ich bin sozusagen ein Produkt der Zuger Kulturförderung», fasst es Cartier zusammen.

In Schottland hat er durch seine Präsenz und mit seiner Musik einen respektablen Bekanntheitsgrad in der Musikszene erreicht, wird als «Swiss Artist» wahrgenommen, wie er weiss. In einem Interview mit dem Lokalradiosender auf der Isle of Skye hat Cartier seinen Song «Ziitreis» vom Album «Zuger Träumer» live vorgetragen – sich selbst auf der Gitarre begleitend und natürlich im Original auf Schweizerdeutsch.

Solches und die steigende Bekanntheit sind nicht zuletzt die Früchte eines grossen Ehrgeizes und hoher Ansprüche an sich selbst. Das schimmert im Gespräch mit dem Zuger immer wieder eindrucksvoll durch. «Über allem steht, dass ich mit dem Resultat zufrieden sein will, wenn ich etwas angehe.» Das betrifft unter anderem die Arbeit an seinem neuen Album – nach «Zuger Träumer» von 2021 das zweite. Es wird den Titel «Love Odyssey» tragen.

2024 heisst es Fuss fassen

Auch eine weitere Tournee soll es geben, so Cartier: «Und die wird in der Schweiz stattfinden.» Denn er befindet sich jetzt im letzten Studienjahr und wird 2024 aus Edinburgh nach Zug zurückkehren. «Dann heisst es wieder Fuss fassen», sagt Cartier. Und zwar ähnlich, wie er es in Schottland geschafft hat: mit Vernetzung, Austausch und dem Aufbauen von Community und Connections.

Auch will er in Zug etwas Vergleichbares hochziehen, wie das von ihm in der schottischen Hauptstadt initiierte Projekt «The Edinburgh Collective», ein Netzwerk, welches die kreative Kunstszene zusammenbringt und Kräfte bündelt. «Edinburgh nämlich hatte mit Ähnlichem zu kämpfen wie Zug», sagt Cartier und erklärt: «Es gibt eine Art Diaspora der Kunst- und Kulturszene. So, wie in Schottland alles nach Glasgow schaut, wenn es um das Kulturgeschehen geht, so schaut hier alles nach Zürich, Bern oder Luzern. Doch in Wahrheit gibt es in Zug, genau wie in Edinburgh, ein reges Kulturschaffen, eines mit viel Potenzial. Die Reputation des Zuger Kulturlebens braucht unbedingt einen Schub.»

Dazu will Nathaniel Cartier beitragen – vor allem über den Weg der Vernetzung, denn was er in Edinburgh geschafft hat, funktioniert auch hier, ist er überzeugt. «Die Schotten und die Schweizer sind einander nämlich nicht unähnlich. Ich habe in den Jahren festgestellt, dass beide gesellschaftlich und bezüglich Mentalität ähnlich ticken.» In Schottland existiere allgemein viel Gehör für Kunst und Kultur, aber es gebe zu wenig Geld dafür. «In der Schweiz und so auch in Zug verhält es sich finanziell genau umgekehrt.»

Ein «Roger Federer der Schweizer Musik»

Er habe in den Jahren in Schottland viel Energie gesammelt. Dass er diese nach der Heimkehr im Kanton Zug einsetzen wolle, bedeute letztendlich auch, seiner Heimat etwas zurückzugeben. «Denn unter dem Strich habe ich es Zug zu verdanken, dass ich heute da bin, wo ich bin.» Cartier spricht dabei nicht nur von der erwähnten Unterstützung durch Stadt und Kanton Zug, sondern auch von seiner Jugend hier und der Mitgliedschaft sowie der wirksamen Förderung in der Kadettenmusik, von wo er als ehemaliger Präsident besonders viel Wertvolles hat mitnehmen können.

Trotz seiner Heimatverbundenheit und der Vorfreude, wieder dauerhaft hierhin zurückzukehren, weiss der junge Mann: «Ziel bleibt, von meiner Musik leben zu können und die Welt und meine Gefühle durch meine Musik zu dokumentieren. Und mein Traum ist, international als ‹Roger Federer der Schweizer Musik› wahrgenommen zu werden.»

Andreas Faessler, Zuger Zeitung, Freitag, 28. Juli 2023

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